
…aber in Wahrheit sind es mindestens tausend.
Wer nach Prag reist, sollte dies nicht zu Hauptferienzeiten tun, denn die Stadt ist mittlerweile ein sehr beliebtes Reiseziel geworden. So beliebt, dass von Seiten der Stadtverwaltung nach Lösungen gesucht wird, wie man die Touristenmassen anders lenken oder verteilen könnte.
Prags „Belagerung“ ist durchaus nachvollziehbar, denn es ist eine der schönsten Städte, die wir bisher besucht haben. Die Architektur erinnerte mich mancherorts sehr an Luxemburg: Helle Sandsteingebäude mit wuchtigen, eckigen Dächern, die schiefergedeckt sind, also schwarze Ziegeln haben.
Es gibt einige Dinge, die man in Prag unbedingt gesehen haben muss, wie in jeder Stadt. Jedoch darf ich eine Pragerin zu meinen Bekannten zählen und so gab es noch ein paar zusätzliche Geheimtipps zu befolgen, was wir in keinster Weise bereut haben. Danke nochmals, liebe Libuse.
Dieser Bericht kann leider nur ein kleiner Abriss unseres 5-tägigen Besuchs der tschechischen Hauptstadt sein. Es ist einfach unmöglich, auf alles Gesehene und Erlebte einzugehen.
Zu den absoluten Pflichtsehenswürdigkeiten gehört natürlich die Karluv most – die Karlsbrücke mit ihren 16 Bögen und den beiden imposanten Brückentürmen. Die berühmte Brücke in Prags Herzen vibriert buchstäblich unter den Schritten tausender Menschen, aber sie ist sehr stabil: Die Baumeister haben vor 650 Jahren unzählige Eier in den Mörtel eingearbeitet.
Außerdem wurde die Grundsteinlegung zum astronomisch gesehen geeignetsten Zeitpunkt gelegt: Am neunten Tag des siebten Monats um 5:31 Uhr. Das Heiligtum der Tschechen wird also ewig halten.
Die Brücke ist links und rechts gesäumt von steinernen Heiligenstatuen, die aber leider nicht mehr alle im Original zu sehen sind. Die Berührung einer dieser Statuen soll Glück bringen. Man kann diese gar nicht verfehlen, denn die Berührungsstelle ist unter vielen, vielen Händen sehr hell und sauber geworden.
Die Karluv Most ist auch sehr beliebt bei Straßenkünstlern, da sie mittlerweile eine reine Fußgängerbrücke geworden ist. Früher war das einmal anders und die Brücke ist daher einigermaßen breit. Wir hatten zum Beispiel das Vergnügen einem wirklich guten Jazzquartett lauschen zu können.
Am Ende der Brücke, wenn man aus der Altstadt kommt, führt linker Hand eine kleine Treppe hinab zur verträumten Kampa-Insel, einem ganz nett angelegten, ruhigen Park mit Wiesen und Bäumen, Parkbänken und einem kleinen Kunstmuseum. Am Teufelsbach gibt es ein kleines, italienisches Restaurant. Man kann dort gut essen und begleitet von Livemusik ganz romantisch draußen sitzen.
Lässt man diesen Park erst einmal links liegen kommt man ganz automatisch zur Kleinseite. Mit ihren vielen kleinen Gässchen und Straßencafés verströmt dieser Stadtteil ein ganz anderes Flair, als die Altstadt gegenüber. Hier sind viele Botschaften der verschiedensten Länder angesiedelt.
Man kommt vorbei an der Kirche der heiligen Mutter Gottes vom Siege, wandert über den Kleinseiter Platz und an der Kirche des heiligen Nikolaus vorbei.
Es geht immer bergauf, bis man vor der imposanten Prager Burg steht. Um auf das Areal der Burg zu gelangen, muss man Kontrollen passieren, aber der Eintritt ist frei. Ein wirklich riesengroßes beeindruckendes Bauwerk, das bei keinem Pragbesuch ausgelassen werden sollte. Im Grunde ist sie eine kleine Stadt für sich, wie alle Burgen. Die Prager Burg jedoch ist viel, viel größer und besteht aus mehreren Höfen. Sie verfügt sogar über eine eigene Kirche: Den Veitsdom.
In der Prager Burg fand übrigens auch der Prager Fenstersturz statt, der den dreißigjährigen Krieg ausgelöst hat.
Hinter der Burg gelangt man in die Goldene Gasse, wo sich in kleinen, teilweise windschiefen Häuschen tschechische Kunsthandwerker ihre Ateliers und Verkaufsräume eingerichtet haben. Ein Besuch lohnt sich hier in jedem Fall.
Zwei Dinge haben mich persönlich in Prag mehr beeindruckt, als alles andere:
- Das Café Slavia, und
- Franz Kafka
Das Café Slavia hat Lisbuse uns ganz besonders ans Herz gelegt und damit bei uns beiden genau ins Schwarze getroffen. Es handelt sich um ein Lokal, das in einem alten Gebäude direkt gegenüber der Prager Burg auf der anderen Seite der Moldau liegt. Man kann Kaffee trinken mit einem guten Stück Kuchen dazu. Genausogut kann man dort aber auch richtig gut essen oder auch einfach nur einen Drink nehmen. Touristen sollten schauen, dass sie einen Fensterplatz an der Front zur Moldau hin ergattern, was nicht immer ganz einfach ist. Jedoch lohnt sicher der Blick über den Fluss und auf den Burgberg „Hradschin“ zu jeder Tageszeit. Ganz besonders jedoch am späten Abend bei Dunkelheit.
Das Slavia war eines der Lieblingslokale von Václav Havel, dem legendären Präsidenten Tschechiens, der sehr verehrt wurde. Im Café haben wir über ihn sehr viel gelesen und erfahren, zum Beispiel, dass er manchmal mit seinen Staatsgästen aus dem Ausland dort aufgekreuzt ist und sich dann mit ihnen zu hitzigen Diskussionen hat hinreißen lassen. Interessierte können sich auf Anfrage beim Personal einen Fotoband über seine dortigen Besuche ausleihen.
Das Slavia ist ein tolles Lokal mit einer wunderbar altmodischen Einrichtung, das von uns fast jeden Tag aufgesucht wurde.
Wer Prag besucht, sollte keinesfalls versäumen auf den Spuren Franz Kafkas zu wandeln. Geboren und aufgewachsen in der Josefstadt, dem jüdischen Viertel, das gerne auch Prager Ghetto genannt wurde, ist er trotz seiner wohl sehr nüchternen Ausbildung zum Juristen und seiner offenbar sehr zermürbenden Tätigkeit bei einer Versicherung zu einem der bedeutendsten Schriftsteller Tschechiens avanciert.
Auf der Kleinseite gibt es ein kleines Kafkamuseum, das uns sehr beeindruckt hat. Es nimmt nicht viel Zeit in Anspruch, lohnt sich aber umso mehr. Um das Gesehene und Gelesene (vieles im Museum ist natürlich in Deutsch) etwas sacken zu lassen, eignet sich ganz besonders das kleine, biergartenähnliche Lokal gleich gegenüber des Museums: Zum braven Soldaten Schweik. Hier haben wir dann auch den berühmten böhmischen Becherovka-Schnaps probiert. Gar nicht so übel 🙂
Franz Kafka war übrigens ein großer Bewunderer der tschechischen Schriftstellerin und Dichterin Bozena Nemcova, von der ich vor einigen Jahren das Buch „Die Großmutter“ gelesen habe und davon so beeindruckt war, dass ich eines meiner Handarbeitsprojekte nach ihr benannt habe. Ich liebe derartige Begebenheiten. Die Dichterin ziert den tschechischen 500-Kronen-Schein. Und zwar ganz zu recht!
Die Josefstadt sollte man sich unter allen Umständen anschauen. Zum Glück ist in Prag alles Sehenswerte sehr nah beieinander, auch wenn wir manchmal die Straßenbahn in Anspruch genommen haben.
In der Josefstadt stehen sage und schreibe fünf Synagogen. Außerdem steht hier das einzige jüdische Rathaus Europas. Der berühmte jüdische Friedhof ist natürlich auch hier angesiedelt. Leider mussten wir feststellen, dass die Gemeinde sich die Besichtigung ihrer Sehenswürdigkeiten sehr gut bezahlen lässt, weshalb wir leider keine Synagoge von innen und auch den Friedhof leider nicht gesehen haben. Jedoch hat alles seine Grenzen, auch wenn es uns leid tat. In der Josefstadt werden den Touristen dann leider auch viele Billigartikel von Golems, über Davidssterne aus Blech bis hin zu Plastiksynagogen im Miniaturstil angeboten.
Uwe hat trotzdem einen authentischen Golem aus Stein gefunden. Er hatte sich vorher schon darüber informiert.
Besonders zu empfehlen ist ein kleiner Antiquitätenladen, wo ich mir einen schönen Davidsstern-Anhänger gekauft habe. Der sehr nette Inhaber betreibt nebenher eine Wechselstube mit einem sehr fairen Wechselkurs. Der Weg dorthin lohnt sich schon allein deshalb unbedingt: Antik Maiselova in der Maiselstraße.
An den alten, riesengroßen Gebäuden kann man sich als Deutscher wohl gar nicht satt sehen, da es bei uns derartige Bauwerke kaum noch gibt. Hier ist die Stadt voll davon und ein Gebäude ist sehenswerter als das andere. Man kann sie gar nicht alle aufzählen, jedoch sind mir beispielsweise das Prager Nationaltheater und das Rudolfinum im Gedächtnis geblieben.
Es ist fast unglaublich, aber man kann sich eine Postkarte, die eine 150 Jahre alte Ansicht zeigt , hernehmen und steht in real genau in dieser Szene. Fast unverändert!
Das Nationalmuseum am Wenzelsplatz und die astronomische Uhr in der Altstadt waren leider verhüllt, da dort gerade gebaut wurde. Der Wenzelsplatz ist ja der geschichtsträchtigste Platz in ganz Tschechien sozusagen und das Wenzelsdenkmal vor dem Nationalmuseum beherrscht den ganzen Platz. Leider fahren dort Autos, so dass die Atmosphäre ein wenig gestört ist.
Eine kleine Gedenkplatte in einem Blumenbeet erinnert hier an ein Vorkommnis im Prager Frühling: Ein Student hatte sich aus Protest auf dem Platz selbst verbrannt. Aus Pietät und Respekt habe ich diese Platte nicht fotografiert, nur angeschaut 🙁
Prag hat eine absolut bewegte Geschichte. Zum Beispiel ist auch die des Jan Hus sehr interessant, wenn auch traurig. Was die Prager bis heute daraus gemacht haben, zeugt von deren Stärke und Mut, aber auch von ihrem Widerstandsgeist 🙂
Übrigens ist das Nationalmuseum seit einigen Jahren wegen Renovierungsarbeiten geschlossen. Die Wiedereröffnung lässt weiterhin auf sich warten.
In der Altstadt sind außer der Astronomischen Uhr einige Sehenswürdigkeiten zu nennen, wie z.B. das Jan Hus-Denkmal vor einer schönen Häuserreihe, der Pulverturm, das Gemeindehaus mit Café, das im wunderschönen Jugendstil gehalten ist, die Theynkirche und das Café Imperial, das sehr zu empfehlen ist. Dort haben wir sogar einen Platz OHNE vorherige Reservierung bekommen, was durchaus nicht an der Tagesordnung zu sein scheint. Allein schon die Inneneinrichtung ist einen Besuch wert. Das Essen ist teuer, die Portionen überschaubar, die Bedienung sehr zuvorkommend und geschult. Das Auge isst mit 😉
Besonders in er Altstadt gibt es viele kleine Kunsthandwerkerläden. Sehr zu erwähnen sind hier das berühmte böhmische Glas und Porzellanarbeiten. Das Glas ist leider sehr teuer. Außerdem fällt auf, dass es in Prag unzählige Antiquitätengeschäfte und Buchläden gibt. Offenbar ein sehr belesenes Volk. Auch wir haben Bücher gekauft. Es gibt immer noch einiges in deutscher Sprache im Angebot 🙂
Ich hatte mich außerdem für böhmischen Granatschmuck interessiert. Es gab aber leider fast nur neuen Schmuck, ich aber wollte gerne ein altes Stück mit geschwärztem Silber. Leider Fehlanzeige oder viel zu teuer.
Das Prager Nachtleben ist auch nicht zu verachten. Irgendwo ist immer was los und wir hatten uns bereits vor unserer Reise unter anderem für den Besuch eines Jazzkellers entschieden: Das AgARTha in der Prager Altstadt. Man sitzt hier tatsächlich in einem kleinen Gewölbekeller, der für ca. 40 Gäste Platz bietet. Die Vorstellung der Band war nicht zu verachten und selbst ich Jazzmuffel habe mich in keinster Weise gelangweilt.
Da ich mich im Vorhinein ein wenig mit Bozena Nemcova und Franz (Franticek) Kafka beschäftigt hatte, konnte ich wieder mal so richtig eintauchen. Nicht zuletzt die Insidertipps, die wir von Libuse bekommen haben, wie zum Beispiel das geschichtsträchtige Slavia, eine alte Einkaufsgalerie und das Jüdische Viertel haben zusätzlich ihres dazu beigetragen: Ich bin nun wohl irgendwie „čekophil“, wie Libuse schon meinte 🙂
Alles Liebe,
Anja & Uwe
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